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Kunststoff-Schweiz - News-Corner 25.05.2021 realCYCLE: In Reinach holt ab Juni die Post den Plastik
Die Schweiz ist Weltmeisterin im Recycling von PET. Doch bei den restlichen Kunststoffen sieht die Bilanz mager aus. 80 Prozent der Plastikverpackungen landen noch immer im Abfall. Im Juni startet darum ein Pilotprojekt in der Gemeinde Reinach BL, in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Post: Postbotinnen und -boten bringen auf ihrer Zustelltour leere Kunststoffflaschen und Getränkekartons zurück in den Kreislauf. Hinter dem Pilotprojekt steht realCYCLE, ein vom Migros-Pionierfonds ermöglichtes Pionierprojekt.
Ab Juni 2021 bringen die Pöstlerinnen und Pöstler der Baselbieter Gemeinde Reinach nicht nur Briefe und Pakete. Werktags holen sie zudem leere Kunststoffflaschen und Getränkekartons ab, die im «Recycling-Sack» bei den Briefkästen deponiert werden. Der 35 Liter Recycling-Sack ist bei der Gemeinde für 1.80 Franken erhältlich. Die Pöstler transportieren die eingesammelten Säcke zur Reinacher Poststelle, von wo aus sie in ein spezialisiertes Sortierwerk der Müller Recycling AG in Frauenfeld gebracht werden. Mit dieser cleveren Logistik entfallen zusätzliche unökologische Lastwagentransporte, denn die Kunststoffe reisen bis ins Sortierwerk in einem Gebinde, welches sowieso ins Logistikzentrum der Post zurückgebracht werden müsste. «Dieses Pilotprojekt zeigt exemplarisch, wie einfach die Kunststoffkreislaufwirtschaft von morgen funktionieren kann», sagt Corinne Grässle, Projektleiterin des Migros-Pionierfonds. «Dadurch wird die Gesellschaft unabhängiger von immer knapper werdenden Rohstoffen.»
Der Rücklauf von Kunststoffflaschen ins Recycling wird durch das Pilotprojekt erleichtert und derjenige von Getränkekartons überhaupt erst möglich. Das Gemisch aus den gesammelten Kunststoffflaschen und Getränkekartons wird in Frauenfeld sortiert und für das Recycling aufbereitet. Die sortierten Kunststoffflaschen werden dann in der Schweiz zerkleinert, gewaschen und zu Regranulat verarbeitet, aus dem wieder neue Kunststoffprodukte gefertigt werden können. Im Reinacher Pilotprojekt werden nur Kunststoffflaschen und Getränkekartons gesammelt, aber keine weiteren Kunststoffverpackungen wie etwa Joghurtbecher oder Folien. «So können wir sicherstellen, dass die gesammelten Kunststoffe auch in der Schweiz rezykliert werden,» sagt Melanie Haupt, co-Projektleiterin von realCYCLE und Dozentin für Kreislaufwirtschaft an der ETH Zürich. Sie beschäftigt sich in der Forschung seit vielen Jahren mit der Analyse der Abfallströme und den Möglichkeiten des Kunststoff-Recyclings. Für Getränkekartons fehlt derzeit eine Recyclinganlage in der Schweiz, weshalb sie heute in Deutschland und Frankreich rezykliert werden. Während die Kartonfaser für Wellkarton eingesetzt wird, wird das übrigbleibende Alu-Kunststoff-Gemisch entweder als Brennstoff eingesetzt oder für weitere Produkte genutzt.
Das Angebot in Reinach BL soll eine relevante Lücke im Kunststoffkreislauf schliessen. «Die Sammlung durch die Post vereinfacht es der Bevölkerung, gut verwertbare Kunststoffe separat zu sammeln und vor der Haustüre beim Briefkasten abholen zu lassen. Die Post verfügt über die nötige Logistik und das Know-How um ein solches Sammelsystem nachhaltig zu betreiben», sagt Patrick Lampert, Leiter Unit Kreislaufwirtschaft bei der Post CH AG. Das Pilotprojekt wird sechs Monate laufen. Eine Ausweitung des Sammelgebietes ist seitens realCYCLE bereits geplant. In einem weiteren Schritt soll auch getestet werden, ob sich ländliche und abgelegene Gebiete einfacher an Entsorgungsstrukturen anschliessen lassen. Die Ambition seitens realCYCLE, eine nationale Lösung zu finden, ist gross. «Das Pilotprojekt ist ein erster Schritt in Richtung einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft, wo bestehende Synergien bestmöglich genutzt werden,» sagt Melanie Haupt.
Über realCYCLE Ermöglicht durch den Migros-Pionierfonds, bringt das Pionierprojekt realCYCLE alle Akteure entlang der Wertschöpfungskette an einen Tisch und erarbeitet gemeinsam Lösungen für eine zirkuläre Zukunft. Durchgeführt wird das Pionierprojekt von der REDILO GmbH, welche sich seit bald 20 Jahren für ein Kunststoffrecycling in der Schweiz einsetzt. Mit dem Pionierprojekt realCYCLE intensiviert die REDILO GmbH ihre Bestrebungen zu einer nachhaltigen Kunststoff-Kreislaufwirtschaft. Die innerhalb von realCYCLE initiierten Pilotprojekte sind ein erster Schritt dazu. Damit sollen sowohl der Ressourcen- als auch der Energieverbrauch gesenkt und Abfälle vermieden werden. Neben den Pilotprojekten für ein verbessertes Recycling fokussiert realCYCLE auf die Schaffung eines Qualitätsstandards für die Aufbereitung von Kunststoffen.
Über die Gemeinde Reinach BL «Als wir vom Pilotprojekt gehört haben, war klar, dass wir da mitmachen», sagt Gemeinderätin Doris Vögeli aus Reinach BL. «Denn das selektive Sammeln von Kunststoff haben wir schon seit längerem auf dem Radar.» Ein politischer Auftrag des Reinacher Parlaments (Motion 140 „Kunststoffrecycling in Reinach“) verlangt die Ausarbeitung eines Konzeptes für die Einführung einer selektiven Sammlung von Kunststoffflaschen und Getränkekartons. Jetzt will Reinach mit diesem Pilotprojekt konkrete Erfahrungen sammeln und herausfinden, ob die Bereitschaft in der Bevölkerung vorhanden ist, das Angebot zu nutzen, und ob ausreichend Sammelmengen zusammenkommen. Die gemachten Erkenntnisse fliessen ins Konzept mit ein.
Über Müller Recycling AG Das Recycling- und Entsorgungsunternehmen Müller Recycling AG in Frauenfeld leistet bereits seit sechs Jahrzehnten einen wichtigen Beitrag zur Wiedergewinnung von Abfällen und Wertstoffen. Das Kerngeschäft der Unternehmung ist neben dem Eisenschrott- und Nichteisenmetall-Recycling die Sortierung von PET-Getränkeflaschen und Kunststoffhohlkörpern. Im Mai 2015 eröffnete sie die erste und top-moderne Sortieranlage für Kunststoff-Flaschen (und Getränkekartons) der Schweiz.
Über den Migros-Pionierfonds Der Migros-Pionierfonds sucht und fördert Ideen mit gesellschaftlichem Potenzial. Er ermöglicht Pionierprojekte, die neue Wege beschreiten und zukunftsgerichtete Lösungen erproben. Der wirkungsorientierte Förderansatz verbindet finanzielle Unterstützung mit coachingartigen Leistungen. Der Migros-Pionierfonds ist Teil des gesellschaftlichen Engagements der Migros-Gruppe und wird von Unternehmen der Migros-Gruppe mit jährlich rund 15 Millionen Franken ermöglicht.