Gollmer und Plaston optimierten mit Hilfe von Simulation und der Varimos Variantenanalyse von Simcon einen neuartigen Stacking-Adapter. Wie inkompatible Boxen gestapelt werden können, zeigt der folgende Bericht.
Autoren: Alexander Dangel, Geschäftsführender Gesellschafter der Gollmer Formen GmbH; Philipp Beckel, Projektleiter bei Gollmer; Dr. Bastiaan Oud, Head of Strategy bei Simcon
Die Hybrid-Adapterplatte von Plaston ermöglicht es, Boxen verschiedener Hersteller zu stapeln.
Bauarbeiter verwenden oft Elektrowerkzeuge von verschiedenen Herstellern. Jedes dieser Geräte wird in einer eigenen Transportbox geliefert. Diese Boxen sind zwar so konzipiert, dass sie stapelbar sind, aber das Stapeln ist nur innerhalb des Ökosystems eines einzigen Anbieters möglich. Wenn man Werkzeuge von verschiedenen Systemen und Marken hat, lassen sich deren Kisten nicht stapeln. Das hat zur Folge, dass entweder mehr Platz für den Transport oder die Lagerung benötigt wird. Alternativ müssen die Geräte vorsichtig ausbalanciert werden, was ein Sicherheitsproblem darstellt.
Dank eines innovativen Produktdesigns des Schweizer Unternehmens Plaston ist es nun möglich, Boxen herstellerübergreifend stapelbar zu machen. Die Lösung bringt die sogenannte Hybrid Adapter Plate, die zwischen den Boxen angebracht wird und so die Stapelbarkeit gewährleistet.
Ein Universaladapter ermöglicht das Stapeln Um tragfähig zu sein, muss ein solcher Adapter einige wichtige Qualitäts- und Kostenkriterien erfüllen. Plaston arbeitete mit den Experten für Formteil- und Werkzeugdesign von Gollmer Formen zusammen. Um die Herausforderungen zu meistern setzte Gollmer Formen moderne Spritzgiesssimulationstechnologie ein.
Um ein brauchbares Teil herzustellen, mussten einige wichtige Kriterien erfüllt werden. Zunächst musste das Teil masshaltig sein. Da die Hybrid-Adapterplatte sich sicher mit einer oberen und einer unteren Box verbinden muss, waren die korrekten Masse des Teils von grösster Bedeutung. Zweitens sollte es optisch schön sein. Das bedeutete, dass es keine sichtbaren Bindenähte geben durfte und dass das Spritzgiessverfahren mit verschiedenen Farbchargen kompatibel sein musste. Drittens mussten das Teil und die Form effizient produziert und dabei bestimmte Kostenziele erfüllt werden. Viertens musste die Konstruktion selbst schnell gehen, da die Hybrid-Adapterplatte in einen Katalog für 2022 aufgenommen werden sollte.
Grundlegende Konstruktionsüberlegungen Um sichtbare Bindenähte zu vermeiden und die Kostenziele zu erreichen, entschied sich Plasaton, ein Heisskanalsystem mit mehreren Angüssen zu vermeiden. Eine zentrale 1-fach Anbindung mit Nadelverschluss erleichterte auch die Verarbeitung mehrerer Farben und ersparte zeitaufwändige Farbwechsel während der Produktion. Eine geeignete Anschnittstelle wurde im Griff gefunden, dem am stärksten belasteten Bereich des Artikels. Durch den zentralen Anschnitt werden auch Probleme mit mittig zusammenlaufenden Bindenähten und damit Schwachstellen am Teil vermieden.
Frühzeitiger Einsatz der Simulation Die wichtigste funktionale Anforderung an das Produkt bestand darin, ein absolut flaches, masshaltiges Teil zu erhalten.
Plaston nutzte eine Reihe von Simulationen sowie ihre Erfahrungen mit ähnlichen Teilen in der Vergangenheit, um einige wichtige Anpassungen vorzunehmen. So wurden beispielsweise die Wandstärken angepasst, um das Füllbild zu verbessern, Rippen zur Versteifung und Verzugsoptimierung eingeführt und optimale Positionen für die Schraubenköpfe gewählt. Für diese Konstruktionsanpassungen wurden alle betroffenen Abteilungen bei Plaston im Vorfeld intern miteinbezogen.
Durch das Einflechten bereits vorhandener Erfahrungen mit vergleichbaren Bauteilen und der Erkenntnisse aus der frühzeitigen Simulation bei Plaston waren Artikelkonstruktion und Grundkonzept schon im Vorfeld gut ausgelegt.
Übergabe an Gollmer, für den Formenbau Für die Fertigstellung und Herstellung der Form entschied sich Plaston für die Zusammenarbeit mit den Experten für Formenbau und -konstruktion von Gollmer Formen.
„Wir verwenden immer Simulationen, um die Entwürfe zu untersuchen und zu verbessern, während wir an ihnen arbeiten. So können wir verbleibende Probleme aufdecken und kreative Lösungswege finden und testen“, erklärt Philipp Beckel, Projektleiter bei Gollmer. „In diesem Beispiel haben unsere CADMould-Simulationen gezeigt, dass das Teil und die frühe Form dank der guten Vorarbeit von Plaston gut konstruiert waren. Was wir jedoch feststellten war ein gewisser Verzug, der in einem Randbereich des Teils auftrat. Also haben wir untersucht, was man tun kann, um das zu verbessern.“
Erst die Parameter, dann die Geometrie
Es wurden zwei Bereiche (Gruppen 1 und 2) definiert, in denen die Wanddicke variiert werden konnte. Da eine Änderung der Wanddicke sowohl den Materialfluss durch das Bauteil als auch die mechanischen Eigenschaften des resultierenden Bauteils verändert, kann sie einen grossen Einfluss auf den Verzug haben. Goller verwendete die Dicke dieser beiden Bereiche als Variablen in der zweiten Runde der Varimos-Variantenanalyse. (Bild: Gollmer)
Um das Verzugsproblem zu lösen, beschloss Gollmer, in zwei Schritten vorzugehen: Zunächst wird geprüft, ob das Problem allein durch die Einspritzparameter gelöst werden kann, und erst wenn dies nicht der Fall ist, werden subtile geometrische Änderungen vorgenommen. „Wir prüfen immer zuerst, ob sich das Problem schon durch eine Änderung der Einspritzparameter wie Temperaturen und Drücke beheben lässt. Denn das bekommt man am leichtesten abgestimmt, da man dabei weder die Teile-, noch die Werkzeuggeometrie berührt“, erklärt Beckel. „Und wenn wir mit der Variantenanalyse zeigen können, dass das allein nicht ausreicht, dann bestätigt das, dass es sich lohnt, über subtile Anpassungen der Geometrie nachzudenken. Der Schlüssel zu einer konstruktiven Diskussion darüber ist natürlich, dass man seine Hausaufgaben gemacht und wirklich alle möglichen Kombinationen von Parameter überprüft hat, nicht nur eine oder zwei. Andernfalls wird der Kunde zu Recht sagen, dass man erstmal ein paar weitere Einstellungen ausprobieren soll.“
Eine umfassende, aber effiziente Suche nach Lösungen „Wir haben festgestellt, dass es einen langsamen und einen schnelleren Weg gibt, eine grosse Anzahl von Alternativen zu untersuchen“, erklärt Alexander Dangel, der geschäftsführende Gesellschafter von Gollmer. „Der langsame Weg wäre die Durchführung von Trial-and-Error-Simulationen, eine nach der anderen. Man ändert etwas, simuliert, schaut sich die Ergebnisse an, passt die Auslegung nochmals an, und so weiter. Aber das ist eine ineffektive, langsame Arbeitsweise, weil man eine Simulation nach der anderen einrichten, durchführen und auswerten muss. Deshalb haben wir uns für einen schnelleren, systematischeren Weg entschieden. Wir parallelisieren den Prozess mit Hilfe der Variantenanalyse.”
Um ganze Lösungsräume gründlich, aber auch schnell zu erkunden, nutzt Gollmer das Werkzeug Varimos, eine schnelle Variantenanalyse-Ebene für die Spritzgiesssimulation CADMould von Simcon. Angela Kriescher, Leiterin des Produktmanagements erklärt: „In Varimos müssen Sie nicht Simulation für Simulation selber einrichten. Sobald Sie Ihre Basissimulation eingerichtet haben, brauchen Sie dem System nur noch mitzuteilen, welche Variablen Sie variieren wollen und um wieviel sie variiert werden sollen.“ Varimos wird dann eine geeignete Anzahl von Simulationen generieren und durchführen, um diese Variationen zu untersuchen. Es nutzt dabei eine leistungsstarke Parallelisierung, um mehrere Simulationen auf einmal durchzuführen, anstatt eine nach der anderen.
Was-wäre-wenn Analyse in Echtzeit
(Links) Eine Simulation des ursprünglichen Entwurfs zeigte einen problematischen Verzug in der Nähe einer Ecke des Teils. (Mitte) Gollmer nutzte daraufhin die Varimos-Funktionalität zur schnellen Variantenanalyse, um zunächst zu untersuchen, ob sich das Ergebnis allein durch Variation der Einspritzparameter verbessern lässt. Die damit erzielbare Verbesserung war jedoch gering. (Rechts) Daher variierte Gollmer auch Wanddicken. Ausgewählt wurden bestimmte Wände des Teils, deren Dicke frei verändert werden konnte (siehe Bild 2), und erstellten eine zweite Varimos-Variation mit diesen Wanddicken als Variablen. Dies führte zu einer erheblichen Verbesserung des Verzugs – eine Reduzierung um fast 50 %. (Bild: Gollmer)
Danach untersucht eine eingebaute KI die Simulationsergebnisse, um Ursache und Wirkung zu verstehen und zu modellieren. Als Ergebnis erhält der Benutzer eine interaktive Anzeige, mit der er die Auswirkungen von Änderungen auf die Ergebnisse interaktiv untersuchen kann. Er kann ‚Was-wäre-wenn-Analysen‘ in Echtzeit durchführen, ohne weitere Simulationen durchführen zu müssen. Und das System generiert Vorschläge für optimale Konfigurationen, die als Ausgangspunkt für die Diskussionen mit Kollegen und Kunden dienen.
Erst die Parameter-Variation… „Für die Hybrid-Adapterplatte haben wir Varimos zunächst angewiesen, Einspritztemperatur und -druck, sowie das Nachdruckprofil um einen bestimmten Prozentsatz zu variieren, um die Grundauslegung herum, die wir bereits hatten“, erklärt Philipp Beckel. „Wir haben dann die Simulationen durchgeführt, die Ergebnisse von der KI analysieren lassen und die interaktive Zusammenfassung angeschaut. Das Ergebnis war, dass wir mit der Anpassung der Parameter zwar tatsächlich eine kleine Verbesserung erzielen konnten – aber die Verbesserung war nicht gross genug, selbst bei optimalen Einstellungen. Wir wussten also, dass wir mehr als nur die Einspritzparameter ändern mussten, um das Problem zu beheben.“
…und dann, falls nötig, die Geometrie-Variation Daraufhin beschloss Gollmer zu untersuchen, ob das Problem durch die Veränderung einiger subtiler Aspekte der Geometrie behoben werden könnte. Das Team vermutete, dass vielleicht subtile Änderungen der Wanddicke einiger Rippen die Fliesseigenschaften in der Form verändern könnten und zu besseren Verzugsergebnissen führen könnten. „Wir teilten Varimos mit, welche Wandstärken in welchem Bereich verändert werden sollten. Wiederum wurden automatisch neue Simulationsvarianten generiert, berechnet und analysiert, um Ursache und Wirkung zu modellieren und anschliessend zu optimieren. Und bei diesem Teil hat es wirklich einen grossen Unterschied gemacht. Wir konnten den Verzug um fast 50 % verbessern“, erklärt Beckel.
~50% Verbesserung im Verzug Nach der Optimierung des Teils und des Werkzeugs mithilfe der Simulation und der Varimos-Variantenanalyse fuhren Gollmer und Plaston mit dem Bau des physischen Werkzeugs fort. Bei der Bemusterung der Formen zeigte sich, dass sich die Simulationsanalyse wirklich gelohnt hatte: An der Form waren nur minimale Korrekturen erforderlich. Das Werkzeug konnte nach einer schnell abgeschlossenen Änderungsschleife im Gollmer-eigenen Formenbau an Plaston ausgeliefert werden.
Der anschliessende Anlauf der Serienproduktion verlief reibungslos. Die Bauteile konnten wie in den Simulationen vorhergesagt exakt, ohne nennenswerten Verzug und innerhalb der geforderten Bauteiltoleranz in dem vom Kunden vorgegebenen Prozessfenster hergestellt werden.
Was es braucht Geschäftsführer Dangel erklärt, dass die beeindruckende Geschwindigkeit und Genauigkeit, die Plaston und Gollmer erreicht haben, nicht möglich gewesen wäre, wenn nicht drei wichtige Faktoren vorhanden gewesen wären, die den Kern des Wertversprechens von Gollmer darstellen: „Erstens brauchen Sie eine vertrauensvolle Beziehung zu Ihrem Kunden. Wenn man das nicht hat, ist es wirklich schwierig, mit dem Kunden über mögliche Veränderungen zu sprechen, die Verbesserungen bringen. Zweitens braucht man die richtige Arbeitsweise. Das bedeutet, dass man nicht nur über die Kompetenz verfügen muss, Simulationen zu entwerfen, durchzuführen, zu interpretieren und in Entscheidungen zu übersetzen. Man muss auch in der Lage sein, diesen Prozess zu parallelisieren, damit man nicht ewig braucht, wenn man alternative Lösungen untersucht. Und drittens braucht man die richtige Technologie, um diese Arbeitsweise zu unterstützen. Wir verwenden CADMould und Varimos nicht nur wegen der branchenweit führenden Genauigkeit, sondern auch wegen des erheblichen Geschwindigkeitsvorteils. Ohne diesen wäre es unmöglich, die Lösungsfindung in der Praxis zu parallelisieren. Denn wenn es eine Woche dauert, bis man seine Ergebnisse erhält (was bei anderen Simulationslösungen vorkommen kann), ist das nicht wirklich eine Beschleunigung.“
Über die Unternehmen
PLASTON AG PLASTON AG produziert jedes Jahr mehr als vier Millionen Kunststoff-Koffer und verarbeitet dazu täglich rund 40 Tonnen Kunststoff-Granulat. Wer seine Produkte schützen und zugleich seine Marke stärken will, wählt einen Industrie-Koffer von PLASTON. Das Unternehmen stellt auch Kunststoff-Sichtteile für Geräte- und Maschinengehäuse her und montiert die Elemente zu Baugruppen und verkaufsfertigen Produkten. Der Service von PLASTON erstreckt sich über den gesamten Wertschöpfungszyklus der Kunststoff-Produkte.
Mit mehr als einem halben Jahrhundert Erfahrung in Entwicklung und Herstellung von Kunststoffprodukten begleitet PLASTON die Kunden auf dem Weg zur optimalen Verpackung und zum passgenauen Kunststoffteil. Bei Bedarf fügt die unternehmenseigene Montage die Kunststoffelemente präzise zur Baugruppe oder zum fixfertigen Produkt zusammen und verpackt es auch.
Über 400 PLASTON-Mitarbeitende in der Schweiz sowie in Tschechien und China engagieren sich Tag für Tag, damit der Kunde genau das bekommt, was er braucht. Die Leidenschaft, ein ausserordentliches Produkt zu schaffen und stets einen Schritt über das Durchschnittliche hinauszugehen, motiviert die Mitarbeitenden jeden Tag.
Dank den drei Produktionsstandorten in der Schweiz, in Tschechien und in China sind die PLASTON-Mitarbeitenden in der Nähe der Kunden und die Transportwege kurz. PLASTON stellt sich flexibel auf die Logistikbedürfnisse und -systeme der Kunden ein.
www.plaston.com
Gollmer Formen GmbH Gollmer Formen GmbH mit Hauptsitz in Lenningen (D) bietet 360°-Lösungen für die Konstruktion, Herstellung und Beschaffung von Spritzgiesswerkzeugen, Bauteilen und Baugruppen, vom Projektmanagement bis hin zu Engineering- und Fertigungsdienstleistungen. Gollmer ist bekannt dafür, dass es in der Lage ist, kompromisslose Qualität nach deutschen Fertigungsstandards zu gewährleisten und gleichzeitig eine effiziente Bauteilgestaltung, Kosten- und Materialeinsparungen sowie die Optimierung der Herstellbarkeit des Produkts oder der Baugruppe sicherzustellen.
Simcom kunststofftechnische Software GmbH, der Spezialist für Spritzgiesssimulationssoftware, unterstützt seine Kunden seit mehr als 30 Jahren bei der Bewältigung der anspruchsvollsten Herausforderungen bei der Konstruktion von Spritzgussteilen und Formen. Bekannt für die branchenführende Präzision und Geschwindigkeit ihres Solvers CADMould sowie ihre einzigartige Lösung zur schnellen Variantenanalyse Varimos, ist Simcon stolz darauf, die Standards und Ideale des deutschen Ingenieurwesens zu verkörpern: eine grosse Liebe zum Detail, kombiniert mit pragmatischer Entscheidungshilfe.
www.gollmer-formen.de
Simcom kunststofftechnische Software GmbH Simcom kunststofftechnische Software GmbH, der Spezialist für Spritzgiesssimulationssoftware, unterstützt seine Kunden seit mehr als 30 Jahren bei der Bewältigung der anspruchsvollsten Herausforderungen bei der Konstruktion von Spritzgussteilen und Formen. Bekannt für die branchenführende Präzision und Geschwindigkeit ihres Solvers CADMould sowie ihre einzigartige Lösung zur schnellen Variantenanalyse Varimos, ist Simcon stolz darauf, die Standards und Ideale des deutschen Ingenieurwesens zu verkörpern: eine grosse Liebe zum Detail, kombiniert mit pragmatischer Entscheidungshilfe.
www.simcon.com
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