Kunststoff Lexikon

Quervernetzung

Die Quervernetzung ist (vorhanden oder nicht vorhanden) ein wesentliches Strukturmerkmal von Kunststoffen, sie bestimmt grundlegende Eigenschaften und macht Kunststoffe zu Thermoplasten, Duroplasten oder Elastomeren.

Die meisten Kunststoffe bestehen aus langen, relativ glatten Molekülketten, die aneinander vorbeigleiten können. Bei Wärmezufuhr nimmt die Bewegung der Ketten zu, die Ketten verlieren ihren Zusammenhalt und der Kunststoff wird weich und schmilzt schließlich. Aufgrund dieses Verhaltens bei Wärme werden solche Kunststoffe Thermoplaste genannt (von griech. thermos = warm und griech. platto = formen).

thermo


Was kann man also tun, wenn man einen Kunststoff herstellen möchte, der beim Erwärmen nicht schmilzt? Man muss die Molekülketten irgendwie an Ort und Stelle festhalten, damit sie nicht aneinander vorbei- und auseinandergleiten können, und das ist genau das, was bei der Quervernetzung geschieht.
Im Prinzip lässt sich dies, wie die Bezeichnung "Vernetzung" andeutet, mit einem Fischernetz vergleichen (mit dem wesentlichen Unterschied, dass Fischernetze zweidimensional sind, Kunststoffe in der Regel aber dreidimensional): Ein Haufen loser Fäden bringt einem Fischer überhaupt nichts, weil sie einzeln und unverbunden sehr beweglich sind und sich so leicht auseinanderdrücken lassen, dass sich kein Fisch damit fangen ließe. Verknüpft man die Fäden aber zu einem Netz, können sie nicht mehr auseinandergedrückt werden, die gefangenen Fische können nicht mehr hinaus.

Der chemische Trick bei den Kunststoffen ist nun also, Verknüpfungen zwischen den einzelnen, losen Ketten zu schaffen, sodass sich die Ketten nicht mehr so gut bewegen können.

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Vernetzung von Kunststoffen
Diese Vernetzung kann, abhängig von der chemischen Struktur des Kunststoffes, auf verschiedene Weise geschehen: Sie kann durch  kovalente Bindungen entstehen und damit irreversibel sein, sie kann aber auch durch Ionenbindungen oder koordinative Bindungen (d.h. Bildung von Komplexen) bewirkt werden, wodurch reversible Vernetzungen entstehen, die beim Erwärmen, wenn die Bewegung der Moleküle zunimmt, wieder getrennt werden. Ionisch vernetzte Kunststoffe werden auch "Ionomere" genannt, bei den negativ geladenen Resten handelt es sich z.B. um Carboxylgruppen, die durch Kationen wie Zn2+ oder Mg2+ miteinander verknüpft werden.

ionomer


Weiterhin kann die Vernetzung gleich bei der Synthese eines Kunststoffes geschehen oder nachträglich durch Selbstvernetzung vorhandener funktioneller Gruppen oder durch den Einsatz von Vernetzungsmitteln.

Kunststoffe, die während der Synthese vernetzt werden, erhält man bei der Polymerisation von Monomeren mit mehr als einer Doppelbindung oder bei der Polykondensation von Monomeren mit mehr als zwei funktionellen Gruppen, weil dann ganz von selbst Vernetzungen entstehen können.

netzkond


Diese Methode ist jedoch bei der Herstellung von Kunststoffen eher unpraktisch, da Duroplaste, sobald sie einmal vernetzt sind, nur recht umständlich auf mechanischem Wege, also durch Feilen, Schleifen usw. bearbeitet werden können. Man zieht daher die nachträgliche Vernetzung bzw. Härtung vor, die entweder durch Selbstvernetzung bereits vorhandener funktioneller Gruppen unter bestimmten Bedingungen geschehen kann oder durch die Reaktion mit Vernetzungsmitteln.

Selbstvernetzende Kunststoffe
Ein Beispiel für Kunststoffe, die unter geeigneten Bedingungen Selbstvernetzer sind, sind die Resole, die zu den Formaldehydharzen gehören. Hier reagieren Phenol und Formaldehyd im Basischen zu einem (zäh)flüssigen Kunststoff, bestehend aus langen Ketten, in denen die Phenolmoleküle durch Brücken aus -CH2- und -CH2-O-CH2- verbunden sind. Bei Erwärmung oder Zugabe von Säure wird aus letzteren Formaldehyd (HCOH) abgespalten, das die Ketten über die Hydroxylgruppen der Phenolmoleküle durch Bildung weiterer -CH2- Brücken vernetzt (das ließ sich leider nicht ordentlich zeichnen, deswegen gibt es hier nur die Bildung und Strukturformel von Resol).

resol



Vernetzung durch Vernetzungsmittel
Vernetzungsmittel sind - wie der Name sagt - Stoffe, die Molekülketten vernetzen. Klassisches Beispiel hierfür ist die Vulkanisierung von Kautschuk mit Schwefel, wobei sich unter Addition an die Doppelbindungen des Kautschuks Schwefelbrücken bilden. Ohne diese Vernetzung wird Kautschuk bereits bei 30°C weich und klebrig, nach der Vulkanisierung erhält man Weichgummi (ein Elastomer) oder Hartgummi (ein Duroplast), je nach der Menge des verwendeten Schwefels (je mehr Schwefelbrücken, desto härter).

kautschuk



Verwendung von vernetzten Kunststoffen
Schwach vernetzte Kunststoffe sind Elastomere, sie werden eingesetzt, wo Elastizität gewünscht ist, hauptsächlich bei Gummiartikeln aller Art von Autoreifen bis zu Schuhsohlen, Schläuchen usw.
Stark vernetzte Kunststoffe verlieren ihre Elastizität, sie sind Duroplaste. Verwendet werden sie für "Pressmassen", z.B. für Hartfaser- oder Spanplatten, wobei sie zusammen mit Holzabfällen verarbeitet werden, außerdem für Lacke, Klebstoffe und als Gießharze.

Manche vernetzten Kunststoffe, besonders Polyacrylate und Polyacrylamide, können sehr viel Flüssigkeit aufnehmen und binden, sie werden daher z.B. in Windeln und Damenbinden verwendet.

Quelle: Didaktik der Chemie, FU Berlin

 



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